Hypnose! Hokuspokus?
Um die Hypnose, ihre Wirkweise und vor allem ihren Nutzen ranken sich – vor allem in Deutschland – eine Menge Geschichten und Halbwahrheiten. Eines der wohl am weit verbreitetsten Vorurteile ist hierbei der empörte Ausruf „Das ist doch Hokuspokus!“.

Hypnose – der Zugang ins Unterbewusstsein
Das Thema Hypnose ist wahrscheinlich vor allem in den 1990er Jahren in das deutsche Bewusstsein gelangt, und zwar durch die TV-Shows der Privatsender, deren quietschbunte Bilder den meisten von uns noch heute unweigerlich ins Gedächtnis huschen dürften, sobald wir den Begriff „Hypnose“ hören. Und wenn man dann mit Menschen darüber ins Gespräch kommt, finden sich diese Fernsehbilder nicht selten in ihren Fragen und Meinungen wieder.
Allen voran wird die Hypnose pauschal mit einem völligen Kontrollverlust gleichgesetzt – zumindest von denen, die der Hypnose eine Wirkung nicht grundsätzlich absprechen. Für diejenigen aber, die Hypnose für nichts als faulen Zauber halten, steht fest, dass der Erfolg der Fernseh-Hypnotiseur:innen allein auf das schauspielerische Geschick der Teilnehmenden und/oder die Leichtgläubigkeit der Zuschauer:innen zurückzuführen ist.
Tatsächlich ist die Hypnose jedoch ein sehr altes Mittel, um Leiden zu lindern.
Im 16. Jahrhundert nutzte der Arzt Paracelsus den Trancezustand, um Nervenkrankheiten zu behandeln. Im Ersten und Zweiten Weltkrieg war es Feldärzten Dank der Hypnose möglich, Verwundete ohne Betäubung zu behandeln.
Ohne Vollnarkose gelingen auch in der heutigen Zeit Operationen: So operierten bespw. Neurochirurgen des Rhön-Klinikums einen Patienten nur unter Anwendung einer örtlichen Betäubung in Kombination mit Hypnose am Gehirn, um einen Tumor zu entfernen. Das war deshalb ein so besonderer Eingriff, weil für die gesamte Dauer des Eingriffs über vier Stunden mit dem Patienten gesprochen wurde, um jederzeit feststellen zu können, ob sich seine Sprachfähigkeit verschlechterte.
Hypnose ist eine anerkannte Psychotherapiemethode
Was also oft noch in den Vorstellungen vieler Menschen als fauler Zauber verankert ist, ist nicht nur vielfach in seiner Wirksamkeit nachgewiesen, sondern seit dem Jahr 2006 auch vom Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie als wissenschaftliche Psychotherapiemethode im Sinne des § 11 des Psychotherapeutengesetzes anerkannt.
Trance ist ein Zustand, in dem sich jede:r mehrmals täglich befindet. Kommt es dir nicht auch bekannt vor: Du setzt dich nach der Arbeit völlig abgeschlagen in dein Auto und fährst nach Hause. Dieselbe Strecke, die du nach jedem Arbeitstag zurücklegst und bei der du mit Fug und Recht behaupten kannst „Mein Auto kennt den Weg“. Und während du an den dir so vertrauten Straßenzügen, Häuserzeilen und Ampelkreuzungen vorbeikommst,deren Verlauf du im Schlaf zurücklegen kannst, hängst du deinen Gedanken nach. Dieses unangenehme Gespräch heute im Büro; der neue Kollege, der sich mit den Arbeitsabläufen noch schwer tut; die Projektarbeit, in die man seit Monaten all seine Energie reinsteckt und die nun kurz vor dem Abschluss steht. Und bevor du dich versiehst, bist du kurz vor deinem Zuhause und dir wird bewusst, dass du die ganze Strecke bis hierhin „verpasst“ hast. Wie bist du denn nun hier angekommen, ohne dass du dich daran erinnern kannst? Die Antwort darauf ist einfach: Du warst während der Fahrt in Trance.
Eben weil du diese Strecke wie aus dem FF kennst, konntest du mit den Gedanken abschweifen und dein Gehirn konnte sich mit anderen Dingen beschäftigen. Du warst vollständig fokussiert auf diese Gedanken und mit deinem Bewusstsein so sehr damit beschäftigt, dass dein Über-Bewusstsein das Autofahren übernommen hat.
Alltagstrancen kennen wir alle
Wir kennen das auch aus anderen Bereichen des Lebens. Kleine Kinder, die wie gebannt auf den Fernseher schauen und nichts um sich herum mitbekommen. Man kann mit dem laufenden Staubsauger um sie herumlaufen, sie direkt ansprechen – wahrscheinlich könnte man ihnen das Sofa unter dem Po wegziehen und sie würden noch immer nicht mitbekommen, was außerhalb der schrillbunten Zeichentrickwelt passiert.
Viele kennen diesen Zustand auch aus dem Kino, wenn der Film sie so sehr gefangen genommen hat, dass die zwei Stunden wie im Flug vergangen sind und nun niemand mehr so genau weiß, wer währenddessen eigentlich das ganze Popcorn aufgegessen hat.
Vorsicht auch vor Aufforderungen und Wünschen, die jemandem im Vorbeigehen zugerufen werden, der gerade in ein Videospiel vertieft ist. Hier gilt das alte Prinzip von „Jeder hat Recht“: Zwar hast du deinem Ehepartner tatsächlich zugerufen, er möge bitte morgen auf dem Heimweg von der Arbeit noch die LED-Leuchten aus dem Baumarkt holen; er hat aber genauso Recht, wenn er übermorgen sagt, niemals darum gebeten worden zu sein. Videospiele sind konzipiert, eine eigene Welt für sich zu sein und genau dieses Erlebnis schaffen sie bei ihren Spieler:innen auch. Sie sind in Trance und damit für das Bewusste der realen Welt – die Bitte, den Baumarkt aufzusuchen – nicht zu erreichen.
Während der Hypnose behältst du die Kontrolle
Um also mit einem der hartnäckigsten Vorurteile aufzuräumen: In der Hypnose, wie sie in der Medizin, der Therapie und dem Coaching Anwendung findet, gibt der/die Hypnotisierte grundsätzlich nicht seine Kontrolle ab. Man wird nicht in Trance versetzt, nur um Stunden später aufzuwachen und sich nicht mehr an die Zahl Vier oder seinen eigenen Namen zu erinnern.
Auch wird niemand während einer solchen Hypnosesitzung plötzlich von seinem Stuhl aufspringen, sich seine Hose über den Kopf ziehen und einen wilden Tanz aufführen. Auch wenn all dies grundsätzlich möglich ist und die Suche nach dem/der geeignetsten Anwender/in deshalb wohlüberlegt und bedacht durchgeführt werden sollte, ist der/die Hypnotisierte im Rahmen von therapeutischen oder Hypnose-Sitzungen zu Coaching-Zwecken grundsätzlich bei Bewusstsein und damit in der Lage, zu kontrollieren, welche Gedanken und inneren Bilder preisgegeben werden.
Um das Bild klarer zu zeichnen, kann man sich folgende Situation ins Gedächtnis rufen, die jede:r von uns schon mindestens einmal erlebt haben dürfte: Man sitzt in seinem Liebligssessel und liest ein Buch, dessen Geschichte so spannend ist, dass man es kaum erwarten kann, noch eine und noch eine und dann noch eine Seite zu lesen. Irgendwo im Raum sitzt der/die Partner/in, die Mutter oder der Sohn und sagt plötzlich an uns gerichtet etwas. Wir haben dann zwar gehört, dass gesprochen wurde, nicht aber, was gesagt wurde. In der Sekunde jedoch, in der wir unser Gegenüber fragen „Was hast du gesagt?“ hallt eben dieser Satz in unserem Kopf nach und plötzlich wissen wir auch ohne eine Wiederholung, was der Inhalt des Satzes oder der Frage gewesen ist.
Weil wir in diesem Moment so sehr mit unserer Geschichte beschäftigt waren, haben wir uns in Trance befunden. Unser Gehirn war fokussiert auf diese Aufgabe und hat deshalb den die Stille durchdringenden Satz als unwichtig klassifiziert und deshalb sofort „beiseite gelegt“. Mit unserer Nachfrage haben wir dem Gehirn jedoch das Signal gegeben, dass doch wichtig gewesen ist, was da gesprochen wurde und deshalb wurde es schnell zurück ins Bewusstsein sortiert.
Und kurz zusammengefasst funktioniert Hypnose auf diese Weise: Die Trance, die herbeigeführt wird, führt dazu, dass wir die Einflüsse von außen ausblenden. Der Straßenlärm vorm Haus, der klingelnde Zeitungsbote, das Hundegebell vor dem Fenster – all dies wird als nicht wichtig wahrgenommen. Wichtig ist das Thema der Trance und darauf fokussiert sich das Gehirn. Und in diesem Zustand können Verhaltensweisen erlernt oder um-gelernt werden. Und das hat nichts mit faulem Zauber zu tun.
Quellen:
https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/psychologie/hypnose/index.html